Wir danken Pegasus Spiele für die Zusendung eines Rezensionsexemplares!
Strasbourg ist nicht nur die Hauptstadt des Elsass, sondern auch ein anspruchsvolles Strategiespiel von Stefan Feld, erschienen im Pegasus
Verlag. Das Spiel hat es auf die Nominierungsliste zum Kennerspiel des Jahres 2011 geschafft; außerdem hat es bei der Wahl des Deutschen Spielepreis immerhin den 10. Platz belegt. Ganz
schlecht kann das Spiel also nicht sein, oder? ;)
Die hübsche Box verbirgt umfangreiches Material: Spielplan, 5 Sichtschirme, 5 Übersichtskarten, 30 Warenplättchen, 5 Bauwerke, 5
Rundentafeln, 120 Einflusskarten, 25 Aufgabenkarten, 10 Privilegien, 40 Münzen, 75 Familienmitglieder (15 je Spielerfarbe), 5 Prestigemarker, eine Rundenfigur, eine Startspielerfigur, 5
Kapellen, die Spielanleitung in zwei Sprachen (deutsch/englisch) und ein großes Übersichtsblatt mit Erklärungen zu den Aufgabenkarten. Alleine das Material zeigt schon: ein wirkliches
Leichtgewicht wird „Strasbourg“ nicht sein. Das ganze Material ist sehr schön ausgefallen. Die Karten sind von guter Qualität, die Familienmitglieder und diverses anderes Zubehör
sind aus Holz gefertigt. Einige Materialien sind aus dem üblichen Karton. Einzig die Sichtschirme sind für meinen Geschmack etwas zu klein ausgefallen, so dass es hinter dem Sichtschutz
schon ziemlich fummelig werden kann, aber mit etwas Übung klappt das schon.
Der Spielplan ist in drei Bereiche unterteilt. Den meisten Platz nimmt das Stadtgebiet in Anspruch. Es umfasst 9 x 6 Felder. Ein paar der
Felder sind leer. Dort werden später die Bauwerke errichtet. Jede Handwerks-Zunft hat ihren Bereich im Stadtgebiet, so gibt es z.B. rote Felder für die Fleischer-Zunft oder grüne Felder
für die Schuhmacher-Zunft, usw... oben auf dem Spielplan ist der Rat abgebildet. Es gibt ein Feld für den Adel, ein Feld für die Kirche und für jede Zunft ein separates Feld. Der dritte
Bereich des Spielplans bietet fünf Spalten für die fünf Rundentafeln. Diese Tafeln werden zufällig auf die Spalten verteilt. Am unteren Rand jeder Tafel werden noch die Bauwerke zufällig
platziert. Jede Rundentafel zeigt Symbole von (A) bis (I). Bei (A) bis (G) werden Bietrunden gespielt. Bei (H) und (I) dürfen die Ratsmitglieder des Adels und der Kirche tätig werden.
Jeder Spieler erhält die Familienmitglieder, einen Satz Einflusskarten in seiner Farbe, eine Übersichtskarte, einen Sichtschirm und Münzen
im Wert von 5. Dann stellt noch jeder Spieler seinen Prestigemarker auf das Startfeld der Punkteleiste, die um das Spielfeld herum führt. Dann geht’s los.
Es werden fünf Runden gespielt. Jede der Runden umfasst drei Phasen:
Planungsphase (Vorbereiten der Bietstapel)
Aktionsphase (Bietrunden, etc.)
Ratsphase (Punkte für den Rat)
Wie schon erwähnt, werden mehrere Bietrunden gespielt. Spiele, bei denen es darum geht, irgend etwas zu ersteigern, gibt es ja wirklich
schon wie Sand am Meer, doch trotzdem hat es Stefan Held mit Strasbourg geschafft, etwas interessantes zu schaffen: denn jeder Spieler hat einen Kartensatz von 24 Karten. Diese Karten
stehen ihm für das komplette Spiel zur Verfügung. Vor jeder Runde entscheidet der Spieler selbst, wie viele Karten er in dieser Runde spielen möchte. Die Spieler müssen also selbst mit
den Karten haushalten, denn sind die Karten erst mal weg, dann ist es nichts mehr mit der Bieterei. Im Detail läuft das so ab: die Spieler mischen ihren Kartenstapel und legen ihn
verdeckt vor sich ab. Nun zieht jeder Spieler Karte für Karte auf die Hand und entscheidet nach jeder Karte, ob es für diese Runde nun genug ist, oder ob noch eine Karte dazu kommen soll.
Einmal gezogene Karten können nicht mehr zurückgelegt werden. Aus den Handkarten stellt der Spieler dann Bietstapel zusammen. Ein solcher Stapel kann auch aus einer einzigen Karte
bestehen. Startet nun eine Bietrunde deckt der Startspieler einen seiner Stapel auf. Reihum erhöhen oder passen die Mitspieler mittels ihrer Karten. Es wird grundsätzlich immer nur eine
Bietrunde gespielt.
Je nach Symbol der Rundentafel bekommt außer dem Höchstbieter auch der Spieler mit dem nächstniedrigeren bzw. auch mit dem dritten Gebot
'ne Aktion. Beim Symbol (A) stellt der Höchstbieter ein Familienmitglied auf das Adelsfeld, der Spieler mit dem zweithöchsten Gebot stellt sein Familienmitglied auf das Kirchenfeld.
Bei den Symbolen der verschiedenen Zünfte wird der Höchstbieter zum Meister dieser Zunft, stellt eine Figur auf das entsprechende Ratsfeld, darf dann noch ein Warenplättchen der
entsprechenden Zunft nehmen und wenn er möchte darf er gegen Bezahlung einer vorgegebenen Anzahl von Münzen ein Familienmitglied auf ein Stadtfeld dieser Zunft stellen. Der Spieler mit
dem zweithöchsten Gebot wird Geselle. Die Aktionen sind, bis auf das Stellen einer Figur in den Rat, mit denen des Meisters identisch. Spielen mehr als drei Spieler mit, wird der Spieler
mit dem dritthöchsten Gebot der Lehrling dieser Zunft. Dieser Spieler kann sich dann zwischen dem Nehmen eines Warenplättchens und dem Setzen einer Figur ins Stadtgebiet entscheiden. Die
anderen Spieler gehen leer aus. Dann gibt es noch das Symbol der Kaufleute. Hier hat der Höchstbieter die Chance, Warenplättchen zu verkaufen, um so wieder an neue Münzen zu kommen, die
er dann später einsetzen kann, wenn er Familienmitglieder im Stadtgebiet unterbringen möchte. Geht ein Spieler bei einer Bietrunde leer aus, dann darf er eine seiner eingesetzten Karten
zurück unter seinen Kartenstapel schieben; mögliche weitere Karten sind verloren. Nachdem alle Bietrunden (bis Symbol (G)) gespielt wurden, darf bei (H) der Spieler, der auf dem
Kirchenfeld im Rat steht, eine Kapelle ins Stadtgebiet stellen. Das bringt den angrenzenden Figuren später mehr Punkte ein. Bei (I) darf der Spieler, der auf dem Adelsfeld im Rat steht,
das Bauwerk auf eines der leeren Felder im Stadtgebiet stellen. Auch hier profitieren benachbarte Figuren bei der Wertung.
In der dritten und letzten Phase einer Runde erhalten die Spieler so viele Prestigepunkte wie sie Familienmitglieder im Rat stehen haben.
Der Spieler mit den meisten Figuren im Rat erhält dazu noch ein Privileg. Dieses Privileg erlaubt es dem Spieler, später bei Bietrunden auszusetzen, ohne komplett zu passen. Das kann je
nach Situation ein sehr großer Vorteil sein. Ach ja, das ganze Zeugs, wie Münzen, Warenplättchen etc. legt der Spieler versteckt hinter seinen Sichtschirm, so dass die Mitspieler das
Material nicht sehen können.
Was ich fast vergessen habe: Vor dem Spiel wird noch der Stapel an Aufgabenkarten gemischt. Jeder Spieler erhält fünf dieser Aufgabenkarten
und entscheidet dann, welche davon er behalten möchte. Er muss mindestens eine Karte, kann aber auch alle fünf behalten. Diese Karten stellen die Spieler vor unterschiedlich schwierige
Aufgaben, die auch unterschiedlich viele Punkte einbringen. Eine Aufgabe kann z.B. sein: „Mindestens 3 eigene Familienmitglieder befinden sich auf Feldern waagerecht oder senkrecht an ein
bestimmtes Bauwerk“ oder man muss z.B. die Mehrheit an Familienmitglieder im Stadtgebiet haben oder andere solcher Aufgaben. Die Aufgaben können 2 – 12 Punkte einbringen. Die
Spieler verfolgen während des Spiels auch diese Ziele, denn erst ganz zum Schluss werden die Aufgabenkarten ausgewertet. Schafft ein Spieler eine Aufgabe nicht, dann bekommt er 3
Minuspunkte.
So werden dann also alle fünf Runden gespielt. Erst wird auf Adel und Kirche geboten, dann auf verschiedene Symbole der Zünfte und der
Kaufleute (die Kombination ist in jeder Runde etwas anders). Zum Schluss wird ne Kapelle und ein Bauwerk erstellt und weiter geht’s mit der nächsten Runde. Während dessen hat man
immer seinen Kartenbestand im Auge, um seine Chancen bei den Bietrunden zu wahren. Nach der fünften Runde endet das Spiel. Nun bekommen die Spieler noch Prestigepunkte für verschiedene
Dinge:
Familienmitglieder im Stadtgebiet bringen jeweils einen Punkt ein. Befindet sich ne Kapelle neben dran dann bringt die Figur nochmals einen
Punkt. Grenzt ein Familienmitglied an ein Bauwerk an, dann gibt es auch Punkte (2 – 6). Hat man noch ein Privileg übrig bringt das auch noch einen Punkt. Dann werden noch die
Aufgabenkarten ausgewertet. Wer zum Schluss die meisten Prestigepunkte sammeln konnte, der gewinnt das Spiel.
Gleich vorab: Strasbourg ist ein schönes und gut funktionierendes Strategiespiel... wieder mal von Stefan Feld, der solche Spiele quasi aus
dem Ärmel zu schütteln scheint ;)) Obwohl es wieder mal ein Bietspiel ist, macht die Tatsache, dass man mit den Karten selbst haushalten muss, Strasbourg zu etwas Besonderem. Da man
auch nur einmal bietet, verlaufen die Bietrunden recht flott. Große Wartezeiten entstehen also nicht, was einen sehr flüssigen Spielverlauf verspricht. Da meist auch der Spieler mit dem
zweithöchsten oder je nach Spieleranzahl auch der Spieler mit dem dritthöchsten Gebot einen Erfolg hat, halten sich die Frustmomente in Grenzen. Die Spieler versuchen ihre
Familienmitglieder möglichst geschickt im Stadtgebiet unterzubringen... natürlich möglichst neben einer Kapelle oder besser noch neben einem Bauwerk. Gleichzeitig hat man seine Aufträge
im Blick, denn nicht vergessen: ungelöste Aufgaben bringen Minuspunkte. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein solcher Auftrag über Sieg und Niederlage entscheidet :) Da die Rundentafeln
und die Bauwerke zufällig verteilt werden, verläuft jedes Spiel etwas anders. Auch dies trägt zum Spielreiz von Strasbourg bei.
Fazit: sehr hübsches und gut funktionierendes Strategiespiel mit interessantem Bietmechanismus.
(c)2011 Dirk Trefzger
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