Wir danken Huch! für die Zusendung eines Rezensionsexemplares!
Selten haben wir bei einem neuen Spiel in so kurzer Zeit bereits eine zweistellige Anzahl Partien erreicht. Dies macht bereits deutlich: das
Spiel muss uns gefallen. Aber erst einmal von vorne. Als Rajas in Indien entwickeln wir unsere Ländereien zu prächtigen und wohlhabenden Provinzen. Dabei ist das Zusammenspiel von Ruhm
und Reichtum von zentraler Bedeutung, wie wir später noch sehen werden.
In der quadratischen Box von „Rajas of the Ganges“ findet man sehr buntes Material, bestehend aus einem Spielplan, Provinztableaus,
Kali-Tableaus, 48 Würfeln (in meiner Ausgabe versteckte sich ein 49ster), 64 Provinzplättchen, diverses Holzmaterial (Arbeiter, Boote, Marker), ein Elefant als Startspielerfigur, diverse
Stanzkartonplättchen sowie die mehrsprachige Anleitung. Der deutschsprachige Teil macht 12 Seiten aus. Das Material ist sehr bunt, aber durchaus hübsch. Der erste Blick auf den überfüllt
wirkenden Spielplan mag erschlagend sein, doch im späteren Spielverlauf zeigt sich, dass alles sehr logisch aufgebaut ist. Wir haben das Spiel in den letzten Tagen mit verschiedenen
Leuten gespielt, so dass auch öfters mal das Regelwerk neu erklärt werden musste. Die anfängliche Überforderung wegen der vielen Möglichkeiten wich schnell der Erkenntnis, dass doch alles
recht übersichtlich ist. Die 48 Würfel sind aus halbtransparenten Kunststoff und haben eine schöne Haptik. Als Startspielerfigur wird ein Elefant aus ein paar Standkartonelementen
zusammengesteckt; sieht auch sehr hübsch aus. Das ganze Material passt gut zum indischen Thema oder zumindest zu dem was man sich als indisches Thema vorstellt, wenn man hin und wieder
einen Blick auf einen Bollywood-Film geworfen hat.
Was beeindruckend ist, dass das Autorenpaar, Inka und Markus Brand, neben der ganzen Serie an EXIT-Spielen, tatsächlich noch die Zeit
fanden, ein wirklich tolles und rundes Workerplacement-Spiel zu entwerfen. Dazu kommt, dass ich das Spiel vor der Spielemesse zwar wahrgenommen aber dann doch nicht weiter beachtet hatte.
Schwerer Fehler, denn wir ja zwischenzeitlich bereinigt haben.
Als Hauptressource hat man im Spiel Würfeln in vier verschiedenen Farben. Erhält man durch irgendeinen Effekt einen Würfel aus dem Vorrat,
dann würfelt man diesen direkt und platziert ihn an bzw. auch auf das Tableau der „Kali“-Statue. Außerdem startet man mit drei Arbeiterfiguren. In einer Runde platzieren die Spieler
reihum immer einen Arbeiter und bezahlen ggfs. Würfel oder Geld, um die entsprechende Aktion ausführen zu können. So bewegt man sein Boot auf dem Ganges, führt Aktionen im Palast aus,
nutzt den Steinbruch, um seine Provinz auszubauen oder besucht den Markt, um an Geld zu kommen. Die Möglichkeiten sind umfangreich und wirken – wie eingangs erwähnt – anfangs
etwas unübersichtlich und erschlagend. Schnell erkennt man aber, dass das alles sehr durchdacht ist und sich der Spielablauf innerhalb kürzester Zeit sehr „smooth“ anfühlt. Sobald
keine Arbeiter mehr zum Einsetzen übrig sind, endet die Runde. Im Uhrzeigersinn wechselt normalerweise der Startspieler, alle erhalten ihre Arbeiter zurück und die nächste Runde beginnt.
Sehr interessant ist die Art der Wertung bzw. der Zeitpunkt, wann genau das Spielende ausgelöst wird. Es gibt nämlich zwei verschiedene
Leisten, die am Spielfeldrand herumführen. Zum einen gibt es eine Ruhmesleiste, wo man seine erzielten Ruhmespunkte (z.B. für den Bau von prunkvollen Gebäuden) abtragen kann, zum anderen
gibt es die Geldleiste, auf der man sein Vermögen anzeigen kann. Nun benötigt man aber für einige Aktionen auch Geld, so dass man auf dieser Leiste manchmal auch rückwärts ziehen muss.
Der Knackpunkt ist nun, dass das Spielende dann ausgelöst wird, wenn es ein Spieler schafft, dass sich seine beiden Marker kreuzen (also Ruhm und Geld). Schafft das ein Spieler und die
anderen Spieler schaffen das in einem letzten Durchgang nicht auch, dann gewinnt dieser Spieler automatisch. Falls es dann doch noch andere Spieler schaffen sollten, dann gewinnt der
Spieler der nach dem Kreuzen den größten Abstand zwischen seinen Markern geschaffen hat. Durch diesen Kniff kann also auch ein Spieler gewinnen, der eine Geldstrategie fährt und
eigentlich noch gar nicht viele Ruhmespunkte gesammelt hat, oder aber es gewinnt ein Spieler, der seine Ruhmespunkte pusht, aber kaum noch Geld übrig hat... das ist wirklich sehr
interessant und fühlt sich beim Spielen sehr frisch an.
Was mir sehr gut gefällt und was auch bei ungeübten Spielern immer gut ankommt: man bekommt ständig irgendwelche Boni. Erreicht man auf
seinem Provinztableau ein Bonusfeld am Rand, erhält man diesen Bonus (z.B. Geld oder Würfel), bewegt man sein Schiff auf dem Ganges bekommt man was. Auf den beiden Leisten gibt es auch
Bonusfelder, die zusätzliche Effekte (z.B. auch weitere Arbeiterfiguren) bringen. Man hat also ständig das Gefühl, was Sinnvolles zu erreichen. Trotzdem baut sich natürlich nach und nach
Druck auf, wenn man sieht, wie sich die Marker auf den Leisten bewegen: "oh, oh,, die gegnerischen Marken bewegen sich recht schnell aufeinander zu... was kann ich machen, um da
mitzuhalten?"... dieses Wettrennen bringt eine große Spannung ins Spiel, was einen großen Teil des Reizes ausmacht.
Mich hat "Rajas of the Ganges" definitiv positiv überrascht. Es ist natürlich blöd, jetzt schon Prognosen für das kommende Jahr
abzugeben, aber ich könnte mir gut vorstellen, dass wir das Spiel im kommenden Jahr auf der Empfehlungsliste (vielleicht sogar unter den Nominierten) zum Kennerspiel des Jahres 2018
finden werden… mal schauen. Vom Schwierigkeitsgrad her, würde ich das Spiel so im Bereich „gehobenes Kennerspiel“ einordnen. Was mich auch sehr begeistert hat, ist die
Kombination von Spielspaß und Spieldauer. Erst gestern haben wir drei Partien in Vollbesetzung hintereinander gespielt. Dabei dauerte die erste Partie so ca. 75 Minuten, die anderen
beiden jeweils nur eine Stunde. Oft hat man dann bei Spielen dieser Art das Gefühl, das Ganze kommt erst gerade in Gang und man möchte eigentlich weiterspielen. Hier passt dagegen das
Verhältnis von Spieldauer und Spielspaß wirklich perfekt. In allen drei Besetzungsvarianten funktionierte das Spiel gleich gut. Mit zunehmender Spielerzahl steigt die Spieldauer natürlich
etwas an, was aber den Spielspaß nicht hemmt.
Hat man einige Partien absolviert und sucht nach etwas Abwechslung, dann gibt es eine Regelvariante, die sogenannte
„Navaratnas-Variante“. Hier kann man bis zu 6 Arbeiter erhalten. Die „Kali“-Statue wird umgedreht, damit hat man nur noch Platz für acht Würfel im Lager. Auch das
Provinztableau wird umgedreht. Auf dieser Seite gibt es auch Felder für Bonuserträge, allerdings in etwas abgeschwächter Form. Dann gibt es braune Sonderertragsplättchen, die
Sondereffekte bringen, die in Abhängigkeit von erreichten Entwicklungsstufen stehen. Das macht das Ganze noch etwas kniffliger und bringt eben etwas Abwechslung mit rein. Die Bonusfelder
des Ganges sind ja bereits auf dem Spielplan aufgedruckt. Nun liegen dem Spiel auch ein paar Flussplättchen bei. Diese können Felder des aufgedruckten Flusses überdecken und so die
Symbole des Ganges etwas variieren. Man benötigt die Variante nicht wirklich, um mit „Rajas of the Ganges“ Spaß zu haben. Auch das Grundspiel ist schon toll. Für mich ist „Rajas of
the Ganges“ eines der Highlights aus diesem Jahrgang (natürlich nur von denen, die ich bereits gesehen und gespielt habe).
Fazit: sehr hübsches und sehr interessantes Workerplacement-Spiel… von mir eine Kaufempfehlung!
(c)2017 Dirk Trefzger
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