Wir danken Eggertspiele für die Zusendung eines Rezensionsexemplares!
Zugegeben, das Thema ist für den Brettspielsektor fast etwas exotisch: Stoffe kaufen, schöne Kleider schneidern, um sie dann zu verkaufen oder für den
großen Ball zu verleihen, was dann natürlich Ansehen bringt. Es mag auf den ersten Blick nicht so reizvoll erscheinen, doch das Thema ist wirklich stimmig umgesetzt und man sollte dem Spiel ein
Chance geben. Also schauen wir uns das Ganze einmal näher an.
Die quadratische Box (so in etwa die typische Kosmos-Größe) verbirgt das folgende Material:
- ein doppelseitiger Spielplan (abhängig von der Spieleranzahl) - 42 Kleiderplättchen - 28 Arbeiterkarten (Lehrling, Geselle oder Meister) - 25
Basis-Arbeiterkarten (jeder Spieler hat 5 Stück als Startkarten) - Holzsteine Garn und Spitze - ein Beutel - Münzen - Ansehensmarker - Rohstoffplättchen (um Stoffe, Garn oder Spitze zu
bekommen) - 80 Besitzmarker in den Spielerfarben - 5 Spielerablagen - Gunstkarte, Übersicht "Endwertung", Startspielermarker - ...und die Spielanleitung mit 8 Seiten
Die Optik des gesamten Materials passt wirklich gut zum ausgefallenen Thema. Jeder Spieler bekommt ein paar Livre (die Währung im Spiel) als
Startkapital, außerdem noch eine Einheit "Spitze" und eine Einheit "Garn". Diese Materialien benötigt man, zusammen mit den bunten Stoffen, um die prunkvollen Kleider zu
schneidern. Nun legt noch jeder Spieler die zu seiner Farbe passende Spielerablage vor sich hin. Dort sind die verschiedenen Aktionsmöglichkeiten angezeigt. Außerdem legt man dort auch die nicht
benötigten Karten bzw. die ausgespielten Karten an. Der Spielplan zeigt unterschiedliche Räume, in denen der Ball stattfindet. Ganz oben gibt es die Terrasse, wo man in der Wertung das Feuerwerk
bestaunen kann, was dann zusätzliche Punkte bringt. Außerdem liegen neben dem Spielplan Arbeiterkarten für die Runde bereit (das Spiel verläuft über 7 Runden). Auf dem Spielplan verteilt man dann
noch die Auslage an Kleidern, die man in dieser Runde schneidern kann, und die Rohstoffplättchen, die man in dieser Runde kaufen kann. Dann geht es los.
Am Anfang jeder der Runden wählt jeder Spieler drei Karten aus seinem Kartenbestand aus, die er in dieser Runde spielen möchte. Die anderen Karten
werden zur Seite gelegt (an die Spielerablage, verdeckt). Nun spielen die Spieler reihum immer eine Karte aus und führen ihre Aktionen aus. Es gibt grundlegende Aktionen, die man ausführen kann
(siehe Spielerablage: z.B. Rohstoffe kaufen, Kleid schneidern, neuen Arbeiter aquirieren, und mehr). Außerdem bieten die meisten Arbeiter jeweils eine Sonderaktion (auf der Karte abgedruckt), die man
beim Ausspielen nutzen kann. Diese Sonderaktionen reichen von einer Zusatzaktion, über zusätzliche Münzen bis hin zu Siegpunkte für unterschiedliche Bedingungen). Die Arbeiter gibt es in drei Stufen:
Meister, Geselle und Lehrling. Nicht jede Aktion kann von jeder Stufe ausgeführt werden. So kann z.B. ein Lehrling zwar Rohstoffe kaufen, aber kein Kleid schneidern. Bestimmte Kleider können nur von
Meistern geschneidert werden. Man sollte also genau überlegen, welche drei Karten man vor der Runde auswählt... welche Aktionen man also beabsichtigt zu spielen. Bei grüblerischen Runden kann das zu
einer sehr langen Spieldauer führen. Unsere Partien in Vollbesetzung dauerten immer über 2 Stunden, obwohl wir nicht zu lange überlegt haben. Schätzungsweise könnte das in manchen Runden weiter
überschritten werden, was dem Spielspaß nicht wirklich gut tun würde.
Sobald alle Karten gespielt wurden, endet die Runde. Es werden neue Karten ausgelegt, die Kleiderauslage und die Rohstoffauslage wird wieder aufgefüllt.
Die Spieler erhalten ihr Einkommen. Grundeinkommen, ggfs. erhöht, wenn man Besitzmarker beim Brunnen platzieren konnte, dann geht es mit der nächsten Runde weiter. Nach und nach füllen sich so die
Räume mit weiblichen oder männlichen Gäste, natürlich alle mit sehr prunkvollen Kleidern, denn darum geht es ja schließlich. Nach der siebten Runde folgt die große Schlusswertung. Zwar sammelt man
auch schon während des Spiels den ein oder anderen Siegpunkt (Ansehensplättchen), doch so richtig viele Punkte bekommt man erst beim Spielende. Entsprechend überraschend ist es dann auch meist, wer
denn die Nase vorn haben wird. Es gibt nämlich Punkte für ganz unterschiedliche Sachen: so gibt es z.B. Ansehen für die Mehrheit an Kleidern in einem Raum, man bekommt Punkte für Statuen, abhängig
von der Farbe der geschneiderten und verliehenen Kleidern, man bekommt Punkte für alle besetzten Feldern und für alle ausliegenden Kleider... und und und... die Übersichtskarte "Endwertung"
manövriert die Spieler schön durch die Endwertung, damit keine Punktevergabe vergessen wird. Zum Schluss gewinnt natürlich der Spieler mit den meisten Punkten, also dem höchsten Ansehen.
Was mir immer gut gefällt: Karten, die eine Doppelfunktion besitzen; in diesem Fall hat man eine Aktion, die von der Karte vorgegeben wird und eine
Standardaktion, die man dazu aussuchen kann. Außerdem kann man seine Aktionsmöglichkeiten verbessern, indem man im Spielverlauf neue Arbeiterkarten dazu kauft. Diese Karte kann man dann sogar noch in
derselben Runde zum Ausspielen verwenden, das ist nicht schlecht. Allerdings benötigt man dazu eben eine Meisterkarte... und gerade diese haben anfangs keine Sonderfunktion. Gute Planung ist also von
Nöten. Doch auch die beste Planung nutzt natürlich nichts, wenn die Mitspieler die Pläne durchkreuzen. Oft schnappt ein Gegner die gewünschte Arbeiterkarte vor der Nase weg, oder das gedanklich schon
ausgewählte Kleid liegt nicht mehr da, wenn man endlich an die Reihe kommt. Man muss sich also ständig auf neue Gegebenheiten einstellen, was das Spiel aber auch ausmacht. Insgesamt finde ich das
Spiel sehr stimmig; es macht Spaß... allerdings finde ich, die Abwechslung, welche das Spiel bietet, steht nicht ganz im Verhältnis zur doch sehr langen Spieldauer. Spielen alle Spieler recht flott,
dann ist das Verhältnis noch in einem erträglichen Rahmen, sitzen allerdings Grübler am Tisch, dann kann das Spiel doch schon mühsam werden... in solchen Runden würde ich "Rokoko" dann nur
sehr ungern spielen.
Auch zu zweit funktioniert "Rokoko" recht gut, doch man sollte doch schon mindestens zu dritt sein, damit man sich auch etwas in die Quere
kommt, denn erst dann entfaltet sich der Spielreiz so richtig. Bevorzugen würde ich ein Spiel zu dritt oder zu viert, dann steht alles - wie schon erwähnt - in einem guten Verhältnis.
Fazit: gelungenes Spiel mit einem unverbrauchten Thema.
(c)2013 Dirk Trefzger
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