Wir danken Lookout Spiele für die Zusendung eines Rezensionsexemplares!
Die 18xx-Reihe ist bekannt für anspruchsvolle Eisenbahnspiele. Aufgrund des großen Umfangs jedes dieser Spiele, habe ich mich bisher nicht
daran gewagt. Nun liegt also 1844/1854 vor. Die Jahreszahlen geben nicht etwas einen Zeitraum an, sondern vielmehr zwei verschiedene Spieletitel, die sich das Material teilweise teilen,
denn hier spielt man zum einen die schweizerische Eisenbahngeschichte zum anderen die österreichische Eisenbahngeschichte nach. Beide Spiele haben ein umfangreiches Regelwerk. Die Regeln
von 1844 umfassen 20 A4-Seiten, die von 1854 immerhin noch 16 A4-Seiten und ja, der Einstieg - zumindest wenn man noch keine 18xx-Erfahrung hat - fällt nicht besonders leicht. Die als
Spieldauer angegebenen 300 Minuten haben wir in unseren Partien nicht einhalten können. Dazu kommt eine nicht unerhebliche Dauer der Regelerklärung, wenn man mit Neulingen spielt. Ich
möchte hier jetzt niemanden abschrecken, doch der Umfang sollte einem bewusst sein, wenn man sich auf 1844/1854 einlässt.
Die Box ist randvoll mit Material. Das Zeugs ist sogar so schwer, dass der Deckel meines
Exemplars bei der Anlieferung nach außen gedrückt wurde, weil das Material sogar für die Box zu schwer war. :) für beide Versionen gibt es einen passenden Spielplan, der jeweils die Karte
des Landes in Hexagons zeigt. Ein Teil des Materials überschneidet sich, teilweise ist das Material aber auch für beide Version unterschiedlich. Auf jeden Fall ist es umfangreich und das
ist auch der Grund, weshalb das Handling während des Spiels fast schon anstrengend ist. Ich habe mir von Freunden, die anderen 18xx-Spiele schon gespielt haben, sagen lassen, dass das für
diese Art von Spielen fast schon normal ist. Teilweise gibt es für die Spiele auch elektronische Unterstützung, um den Verwaltungsaufwand zu erleichtern.
Was mir an "1844/1854" definitiv nicht gefällt, ist die grafische Aufmachung. Man konzentriert
sich voll auf das Regelwerk und die Optik kommt dabei für meinen Geschmack deutlich zu kurz. Eingefleischte 18xx-Fans werden aber auch hier wieder sagen: Optik ist doch Beiwerk,
das Spiel ist super; mag sein, doch eine schöne Optik muss für mich einfach sein. Wenn ich schon 5 oder 6 Stunden an den Tisch sitze, dann muss mir das auch gefallen.
Was aber interessant ist: lässt man die Optik außen vor und steigt komplett ins Spiel ein, dann findet man in jeweils beiden Versionen ein tolles aber
sehr schwieriges Wirtschaftsspiel mit Eisenbahnthema. Beiden Autoren ist es gelungen, die Geschichte des jeweiligen Landes ins Regelwerk zu
integrieren, was wirklich sehr bemerkenswert ist. Was ich an dieser Stelle - im Gegensatz zu meinen sonstigen Rezensionen - nicht versuchen werde
ist, das Regelwerk zu beschreiben. Das ist einfach zu viel und zu komplex. Im Netz kann man die Anleitung herunter laden und sich einlesen. Ich
werde deshalb nur einen ganz kurzen Umriss geben:
1844 (Schweiz):
hier gibt es unterschiedliche Arten von Eisenbahngesellschaften. So gibt es die Regionalbahnen, die historischen Gesellschaften, die
"Vor-SBB"-Gesellschaften sowie Privatgesellschaften. Sie unterscheiden sich in ihrer Kapitalausstattung und ihren Möglichkeiten bzw.
Einschränkungen. Während des Spiels versuchen die Spieler das meiste Vermögen zu scheffeln. Dazu zählt neben dem Bargeld auch das
Aktienvermögen. Der Spieler mit der Anteilsmehrheit an einer Gesellschaft agiert für diese Gesellschaft und trifft die entsprechenden Entscheidungen.
Im Spielverlauf (über mehrere Phasen) ändert sich immer wieder was, was dem geschichtlichen Verlauf Rechnung trägt. Man baut für die
Gesellschaften das Schienennetz aus, baut Bahnhöfe, kauft Lokomotiven... und und und :) ... wie schon erwähnt, keine leichte Kost.
1854 (Österreich):
hier ist das Spielfeld etwas kleiner, obwohl das Land ja größer ist als die Schweiz. ;) auch hier gibt es unterschiedliche
Gesellschaften, so gibt es Gebirgsbahnen, Lokalbahnen, Lokalbahn-AGs sowie die großen Eisenbahngesellschaften. Gebirgsbahnen bringen dem Eigner
immer ein festes kleines Einkommen, Lokalbahnen bestehen aus nur einer einzelnen Aktie und agieren auf einem kleinen Extraplan. Im späteren
Verlauf fusionieren zwei Lokalbahnen zu einer Lokalbahn-AG, die dann aus zwei Aktien besteht. Die richtig laute Musik spielt natürlich bei den
großen Eisenbahngesellschaften, an denen man mehr Anteile haben kann. Auch hier gehört neben dem Bargeld auch das Aktienvermögen zum
Gesamtvermögen des Spielers, was dann für den Sieg ausschlaggebend ist. Auch hier werden Loks gekauft, Bahnhöfe gekauft, doch an vielen Stellen
gibt es kleinere Änderungen, so dass das Gesamtgefühl etwas anders ist als bei 1844.
In beiden Versionen verläuft das Spiel in mehreren Runden. In einer Runde werden abwechselnd Aktien- und Betriebsrunden gespielt und das so lange
, bis die Bank zahlungsunfähig wird. Das bedeutet dann das Spielende und das Vermögen wird geprüft. Natürlich gewinnt der Spieler mit dem größten Vermögen.
Bestimmt fällt der Einstieg in 1844 oder auch 1854 deutlich einfacher, wenn man schon 18xx-Erfahrung hat. Da dies bei mir nicht der Fall war, kann
ich nicht wirklich beurteilen, ob das hier leichter oder schwieriger ist als bei den bisherigen Versionen. Von anderen Spielern habe ich vernommen, dass
es hier etwas kniffliger ist. Trotz der Optik, die mir nicht gefällt, und auch trotz der hohen Spieldauer (da bin ich auch kein Fan von), kommt man bei
1844/1854 schon ins Eisenbahnfieber. Natürlich ist es ein knallhartes Wirtschaftsspiel und man muss mehrere Stunden konzentriert bei der Sache
bleiben, damit man nicht abgehängt wird. Das ist durchaus anspruchsvoll und macht auch Spaß. Eigentlich hätte das Spiel von mir beim Spielreiz auch
eine gute "5" verdient, doch wegen der ganzen Verwaltungsarbeiten während des Spiels musste ich die Hauptnote auf "4" abwerten, was ja immer noch gut ist.
Fazit:
höchst anspruchsvoll mit hoher Einstiegshürde für 18xx-Neulinge. Für 18xx-Fans sicherlich eine Empfehlung. Bei mir kommt dann doch oft ein
anderes Spiel auf den Tisch, weil mich einige Punkte etwas abschrecken. ;) ... und weil ich 6 Stunden Spiel in voller Konzentration recht anstrengend finde.
(c)2017 Dirk Trefzger
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