Wir danken alea/Ravensburger für die Zusendung eines Rezensionsexemplars
Mit Puerto Rico ist dem Autor Andreas Seyfarth 2002 ein absoluter Strategie-Hit gelungen. Das Spiel befindet sich deshalb auch schon viele
Jahre in meiner Top-20-Liste fast ganz oben (Stand August 2012). Ca. 2 Jahre danach kam dann mit San Juan eine Kartenspiel-Variante auf den Markt, die immer etwas im Schatten des großen
Brettspiel-Bruders stand. In letzter Zeit kam das Kartenspiel viele Male auf unseren Spieltisch, so dass ich hier mal noch eine Rezension nachholen möchte.
In der kleinen alea-Box findet man einen Kartensatz aus 110 Spielkarten, 5 Rollenkarten, eine Gouverneur-Karte, 5 Handels-Kärtchen sowie
einen Block und einen Bleistift zum Notieren der Siegpunkte. Dazu gibt es das Regelheft, welches aus 11 A5-Seiten besteht, wobei der eigentliche Regeltext nur 6 Seiten umfasst, die
restlichen Seiten beschreiben die verschiedenen Gebäude und erklären deren Feinheiten... zum Nachschlagen bei Unklarheiten ideal.
Die 110 Spielkarten zeigen zwei verschiedene Gebäudearten. Da gibt es zum einen die Produktionsgebäude, die Indigo, Zucker, Tabak, Kaffee
oder Silber produzieren; zum anderen gibt es einen "Stall" voll violette Gebäude, die dem Spieler vielfältige Vorteile bescheren. Dazu nachher noch ein paar Beispiele.
Jeder Spieler erhält vier Handkarten zum Start. Eine Indigo-Karte wird für jeden Spieler als Startgebäude ausgelegt. Die Handels-Kärtchen
werden verdeckt gemischt und bereit gelegt. Die ganzen Spielkarten werden als Nachziehstapel bereit gelegt. Die fünf Rollenkarten werden in die Tischmitte gelegt. Der Startspieler ist
Gouverneur und erhält die Gouverneur-Karte. Dann geht es los.
Der Startspieler wählt eine Rollenkarte. Bei vier der fünf Rollen sind alle Spieler mit ins Geschehen eingebunden; d.h. der Spieler, der die
Rolle wählt, führt die entsprechende Aktion aus, danach sind die Mitspieler im Uhrzeigersinn mit an der Reihe. Der Spieler, der dabei die Rolle gewählt hat, hat immer ein gewisses
Privileg, welches ihm Vorteile bei der Aktion bringt... hier kurz die verschiedenen Rollen:
(1) Baumeister:
hier dürfen alle Spieler ein Gebäude bauen. Auf der zu spielenden Karte ist vermerkt, wie viel das Ausspielen der Karte kostet. Bezahlt wird mit Handkarten. Spielt man also eine Karte mit "2", dann muss man noch zwei der wertvollen Handkarten abwerfen. Hier kommt man immer wieder in den Entscheidungszwang: welche Karte möchte man unbedingt behalten, welches passt vielleicht eher nicht in die eigene Strategie. Der Baumeister selbst (also der Spieler, der die Rolle gewählt hat), darf eine Karte weniger bezahlen, als auf der Karte angegeben.
(2) Aufseher:
hier werden Waren produziert. Die Spieler wählen ein Produktionsgebäude aus und produzieren dort Waren. Das wird angezeigt, in dem man einfach eine verdeckte Karte auf das Produktionsgebäude legt (idealerweise so, dass man oben noch erkennen kann, welches Gebäude es ist). Der Aufseher darf als Privileg zwei Waren produzieren.
(3) Händler:
hier werden die produzierten und gelagerten Waren verkauft. Als erstes wird ein Handels-Kärtchen aufgedeckt. Das Kärtchen gibt vor, wie der Kurs für jede Ware steht, also wie viele Karten man für den Verkauf von einer Wareneinheit bekommt. Indigo ist dabei immer die billigste Ware, Silber die teuerste Ware. Allerdings ist der Anstieg bei den unterschiedlichen Waren etwas variiert. Der Händler darf als Privileg zwei Waren verkaufen.
(4) Ratsherr:
die Ratsherrenphase bringt jedem Spieler eine neue Karte ein. Die Spieler dürfen dabei zwei Karten vom Stapel nehmen und sich davon eine Karte auswählen. Der Ratsherr selbst darf fünf Karten nehmen und sich davon eine Karte aussuchen; er hat also eine bessere Auswahl zur Verfügung.
(5) Goldsucher: der auslösende Spieler darf eine Karte auf die Hand ziehen. Die anderen Spieler dürfen hier nichts machen.
Nachdem jeder Spieler eine Rolle gewählt hat, wird der nächste Spieler Gouverneur... die Rollen werden wieder in die Tischmitte gelegt, dann
beginnt der neue Startspieler mit der Wahl einer neuen Rolle und weiter geht es. Das geht dann so lange weiter, bis ein Spieler in der Baumeisterphase das zwölfte Gebäude bauen konnte.
Diese Baumeisterphase wird noch zu Ende gespielt, danach Endet das Spiel. Die Siegpunkte der gespielten Gebäude werden auf dem Notizblatt addiert und es gewinnt der Spieler mit den
meisten Punkten.
Richtig interessant machen natürlich die verschiedenen violetten Gebäude den Spielablauf. Es gibt viele verschiedene Boni, welche man
dadurch erreichen kann. So erlaubt z.B. die "Schmiede" eine Karte weniger zu bezahlen, wenn man ein Produktionsgebäude baut. Der "Brunnen" bringt eine neue Karten,
wenn man mindestens zwei Waren produziert. Bei der "Handelsstation" darf der Spieler eine Ware mehr verkaufen als normal. Die wertvolle "Bibliothek" verdoppelt dem
Spieler das Privileg, welches er bekommt, wenn er seine Rolle wählt (sehr starke Karte). Andere Karten bringen "nur" weitere Siegpunkte; teilweise von bestimmten Bedingungen
abhängig: so bekommt man bei der "Zunfthalle" für jedes Produktionsgebäude zwei zusätzliche Siegpunkte. Durch das entsprechende Kartenglück oder Kartenpech entwickeln sich die
Spiele immer unterschiedlich.
Zwar kommt "San Juan" nicht an den großen Bruder "Puerto Rico" heran, doch als Kartenspielumsetzung kann sich das Spiel
gut sehen lassen. Der Ablauf ist recht flott. Durch die Funktion der Rollenkarten sind fast immer alle Spieler mit eingebunden, so dass eine lästige Downtime fast nicht vorhanden ist. So
spielt sich "San Juan" sehr angenehm, ohne langweilig zu werden. Immer wieder probiert man neue Strategien aus... oft durch die vorhandene Kartenhand aufgezwungen. Auf spezielle
Karten zu warten, lohnt sich meist nicht. Besser man macht das Beste aus den vorhandenen Karten. Dass die Spielkarten verschiedene Funktionen einnehmen ist sehr gut gelöst und wirkt für
mich nicht aufgesetzt. Zum einen spielt man ja die Gebäude aus, zum anderen werden die Karten auch zum Bezahlen verwendet... und zu guter letzt werden sie auch als Waren verwendet... das
alles passt super. Die etwas einfache Grafik gefällt mir gut. Einzig die Farbe der Zuckermühle und der Silberschmelze sind bei schlechten Lichtverhältnissen zu ähnlich. Die Karten hätten
auch in eine deutlich kleinere Box gepasst... so hat man also noch einen Block und einen Bleistift reingepackt, um die kleine Alea-Box zu rechtfertigen. Das alles wäre ja ok, wenn das
nicht der Preis wäre. Nach wie vor (und das Spiel ist mittlerweile schon 8 Jahre auf dem Markt) legt man fast 20 Euro hin, wenn man das Spiel haben möchte. Das ist m.E. zu viel. Andere
Kartenspiele mit Brettspielambitionen (da fällt mir z.B. "Meuterer" von Adlung ein), bekommt man für deutlich weniger.
Anfangs muss man sich erst einmal in die verschiedenen violetten Gebäude "herein"finden. Neuspieler werden von den verschiedenen
Kartenfunktionen "überrollt". Sobald man die Karten dann kennt, läuft das Spiel superflüssig. Also nach den ersten Partien nicht entmutigen lassen.
Fazit:
tolles & anspruchsvolles Strategiespiel, welches zwar nicht ganz an "Puerto Rico" heran kommt, aber trotzdem fast schon Pflicht ist :)
(c)2012 Dirk Trefzger
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